Forêt, Sondermülldeponie Bonfol

Projekte

Fotografische Langzeitdokumentation, 2005–2025

Im äussersten nordwestlichen Zipfel der Schweiz, nahe der Grenze zu Frankreich, entstand auf dem Boden der Gemeinde Bonfol zwischen 1961 und 1976 in einer ehemaligen Tongrube eine der grössten Deponien für Produktionsabfälle der Basler Chemie. Nach ihrer Stilllegung wurde die Deponie überdeckt und mit Tännchen bepflanzt. Um das bald schon akute Problem austretenden Deponiewassers zu lösen, wurden in verschiedenen Etappen ein regendichter Deponiedeckel, Drainagen und eine Kläranlage gebaut. Nach jahrzehntelangem Druck der Öffentlichkeit und verschiedener Umweltschutzorganisationen fiel im Jahr 2000 der Entscheid zur definitiven Sanierung respektive Aufhebung der Deponie.
Der Tannenwald auf der Deponie und ein bis zu 150 Meter breiter Streifen des sie umgebenden Waldes wurden 2008 gerodet. Daraufhin verwandelte sich das Gelände in ein riesiges, abgezäuntes Industriegebiet. Über der Deponie wurde eine gigantische stützenfreie Sanierungshalle errichtet. Mittels ferngesteuerter Kräne und Maschinen wurde von April 2010 bis August 2016 alles giftige und kontaminierte Material ausgehoben, analysiert, stabilisiert und in Sonderverbrennungsanlagen verbrannt. Diese Menge belief sich auf mehr als 200’000 Tonnen. Weitere 84’000 Tonnen leicht oder mittel verunreinigtes Bodenmaterial wurden anderweitig entsorgt.

Danach wurden alle Anlagen und Bauten gereinigt und zurückgebaut. Als Höhepunkt des Rückbaus kann die Sprengung der Hallenbögen im August 2017 gelten. Die Stahlkonstruktion wurde zerkleinert, dem Recycling zugeführt und die leere Grube wiederverfüllt. Im Frühling 2019 war der Rückbau abgeschlossen und ein Grossteil des Geländes wurde mit jungen Bäumen bepflanzt.

Seit 2005 halte ich die kleineren und grösseren Veränderungen zwei bis drei Mal jährlich zu den immer gleichen Tages- und Jahreszeiten von ca. 35 Standorten aus fotografisch fest. Wie im Zeitraffer zeigen die Ansichten die Verwandlung von Wald zur Industriezone und wieder zu Wald.

Wegen Nässe oder Trockenheit sind viele Jungbäume eingegangen oder wachsen nur kümmerlich. Auch hat sich der endgültige Rückbau u.a. der Stützmauer durch das Projekt „Land Art“ der Fondation Mémoire, Art et Forêt – Bonfol verzögert. Diese wollte auf dem Gelände einen Park mit Begegnungszentrum erstellen. Dessen Finanzierung kam aber nicht zu Stande und die Hallenmauer wurde im Sommer 2022 abgebrochen.

«Ich fotografiere, bis die Bäume auf der Deponie wieder grösser sind als ich», lautet daher meine Antwort auf die Frage nach der Dauer meiner fotografischen Langzeitstudie. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Setzlinge etwa einen Meter hoch oder noch nicht einmal gepflanzt. Deshalb verlängerte ich mein Projekt bis 2025. So werden es nicht, wie anfänglich geplant, zehn, sondern zwanzig Jahre fotografisches Dokumentieren einer sich verändernden Landschaft.

Im Sommer 2012 zeigte das Museum für Gestaltung Zürich den aktuellen Stand der Arbeit im Rahmen der Ausstellung „Endstation Meer“. Aufgereiht nach Ort und Aufnahmezeitpunkt, waren bei dieser Gelegenheit auf der grossen Wand im Foyer sämtliche Kontaktabzüge zu sehen.

Das Projekt wurde oder wird finanziell unterstützt von der Kulturstiftung Winterthur, der George Foundation, der Volkart Stiftung und der Stiftung Spitzenflühli.