Illustration oder Götzenbild?!, 2019
Ausstellungen
«Illustration oder Götzenbild?!» Plakataktion anlässlich der Jubiläumsreihe «500 Jahre Reformation» des Verbands der ev.-ref. Kirchgemeinden der Stadt Winterthur, organisiert von der Arbeitsgruppe KiK «Kunst im Kirchgemeindehaus» der reformierten Kirchgemeinde Oberwinterthur, September/Oktober 2019.
«Verstehe aber genau, lieber Valentin, was wir als einen Götzen bezeichnen: das Bildnis eines Helfers oder von solchen, bei denen man Schutz sucht und die man verehrt. Bilder dagegen nennen wir Gleichnisse von sichtbaren Dingen, nicht geschaffen, um zu falschen Hoffnungen zu verleiten und verehrt zu werden.»
Huldrych Zwingli an Valentin Compar, 1525
Diese Erklärung des Zürcher Reformators Huldrych Zwingli gab den Anstoss zur Erkundung unseres heutigen Umgangs mit der Verlockung durch Bilder, im Speziellen Fotografien. Werbung als öffentlichste Form visueller Verführung bot sich dabei als besonders naheliegend an. Aus einem Stapel aktueller, gezielt besorgter Modemagazine wie Vogue und Harper’s Bazaar gelangten drei Dutzend Motive zur Vorauswahl. In bildkritisch verfremdeten «Star Cuts» wurde an ihnen mithilfe von Laserkopien die Praxis des Cut-offs erprobt. Die Idee war, den Werbebildern ihre Strahlkraft zu nehmen und so ihre Anziehungskraft zu mindern. Auch ging es darum, die visuelle Veränderung und inhaltliche Verschiebungen zu testen. Ein einheitliches Vorgehen bei der Art der Eingriffe etablierte sich dabei wider Erwarten nicht.
Die finalen zwölf Sujets wurden hochaufgelöst gescannt, hochgerechnet und im Weltformat geplottet. Diese «Plakate» wurden mit dem Cutter bearbeitet und in absichtsloser Paarung direkt auf blanke Aluminiumplatten geklebt. In sechs offizielle Plakatständer montiert, fanden sie so für die Dauer eines Monats im Ortszentrum von Oberwinterthur und rund um die Kirche St. Arbogast Aufstellung. Das Ziel, die Wirkmacht zu brechen, schien dabei erreicht. Mit Ausnahme einer humorvollen Kritzelei auf einer der leeren Gesichtsflächen blieben vehemente Reaktionen seitens Öffentlichkeit und Kirchgemeinde jedenfalls aus.
Text: Astrid Naef